Während der Patient schläft... Der Anästhesist hat bei einer Operation alle Hände voll zu tun

Über den Anästhesisten denken viele Patienten gar nicht nach - er ist eben der, der sie bei einer Operation unter Narkose setzt. Richtig schwer hat es ja nur der Chirurg. Dabei sind die Herausforderungen an einen Anästhesisten wie Dr. med. Friedemann Reiser vom Krankenhaus Bad Waldsee mindestens genauso hoch.

Während der Patient unter Narkose ist, hat der Anästhesist die Verantwortung für ihn. Welche Komplikationen auch immer auftreten mögen - er muss auf alles vorbereitet sein und in sekundenschnelle reagieren. Auch Dr. med. Friedemann Reiser hat bei den OPs neben sich einen Notfallwagen stehen, in dem für alle Eventualitäten Medikamente und Instrumente vorgehalten werden. "In erster Linie sind Anästhesisten dazu da, den Patienten in Narkose zu versetzen. Das heißt: "Schlafen, kein Schmerzempfinden und die Erschlaffung aller Muskeln, auch die Atemmuskulatur - weswegen der Patient bei einer Vollnarkose beatmet werden muss", sagt Dr. med. Reiser. Mit welchen Mitteln und in welcher Dosis dies geschieht, hängt zum einen mit der Schwere und Dauer der Operation zusammen und erfolgt zum anderen in Abhängigkeit vom Zustand des Patienten. In der Oberschwabenklinik Bad Waldsee werden Kleinkinder ab 10 Kilo bis zu hochbetagten Patienten anästhesiert. Das ist der Grund, weshalb sich der Anästhesist vor der Operation ausführlich mit dem Patienten beschäftigt. "Die Menschen werden immer älter und kommen oft mit diversen Vorerkrankungen wie Nieren-, Lungen oder Herzproblemen. Dies ist entscheidend für die Planung einer sicheren und individuellen Narkose", so Dr. med. Reiser. So werden manche Operationen in einer Regionalanästhesie durchgeführt, bei der die Patienten absolut schmerzfrei sind, aber nicht die Risiken einer Allgemeinanästhesie in Kauf nehmen müssen. Dr. med. Friedemann Reiser, Leiter der Schmerzambulanz in Bad Waldsee, hat sich zudem auf die Regionalanästhesie mit Schmerzkatheter spezialisiert. Schmerzkatheter werden für Eingriffe an den Beinen und den oberen Extremitäten noch vor der OP gelegt und ermöglichen dem Patienten eine schmerzfreie Operation und eine sehr schmerzarme Heilungszeit nach der Operation. Mit der Unterstützung durch Ultraschall wird der Schmerzkatheter in unmittelbarer Nähe der Nerven gelegt "Ich kann so den Nerv und die ihn umgebenen Strukturen verfolgen und meine Nadel mit dem Katheter exakt setzen", sagt Dr. med. Reiser. Zu Komplikationen bei einer Operation kommt es sehr selten. Dennoch muss der Anästhesist auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Er muss wissen was zu tun ist, wenn etwa das Herz Schwierigkeiten macht, der Blutverlust zu hoch ist oder der Kreislauf zusammenbricht. Der Patient steht deshalb unter kontinuierlicher Beobachtung durch den Anästhesisten. Über das sogenannte Monitoring der lebenswichtigen Funktionen kann auch z.B. die Hirnaktivität über das EEG zur Beurteilung der Narkosetiefe herangezogen werden. Eine wesentliche Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Operation ist laut Dr. med. Reiser die enge Zusammenarbeit mit den Chirurgen um Chefarzt Dr. Karl Utz: "Wir arbeiten alle so eng zusammen und kennen uns so gut, dass wir schon wissen was der andere will, ohne dass er es sagen muss." Während des Eingriffs verändert der Narkosearzt je nach Fortschritt der OP und Zustand des Patienten ständig die Einstellungen des Narkosegrätes zur Beatmung und die Dosierung der Medikamente. Wenn die Wunde zugenäht ist, sollte der Patient in wenigen Minuten schmerzfrei sein, die Augen öffnen und wieder selbstständig atmen. Knapp 2000 Teil- und Vollnarkosen werden im Krankenhaus Bad Waldsee jährlich durchgeführt, die Ärzte sind erfahren in ihrem Fach, oder, wie es Dr. med. Friedemann Reiser ausdrückt: "Bei uns schläft man getrost und gut."