Mit der Made auf Du und Du
Hildegard Kerler ist onkologische Fachkrankenschwester. Als Stationsleitung und Mitarbeiterin des onkologischen Zentrums am EK hat sie viele Patienten mit Tumorwunden oder großen schlecht heilenden chronischen Wunden versorgt. "Das hat mein Interesse an der Wundversorgung geweckt", sagt Hildegard Kerler. Sie ließ sich zur Wundexpertin ICW ausbilden, erwarb die Zusatzbezeichnung Fachtherapeutin Wunde ICW und ist heute eine der Experten auf dem Gebiet der Wundversorgung in den Reihen der OSK.
Ärzte und Pflegekräfte bitten Frau Kerler gerne um Unterstützung. "Zwischen 15 und 20 mal in der Woche wird ein Pflegekonsil Wunde angefordert", erklärt die Wundexpertin. Dabei arbeitet sie sehr eng mit den Ärzten der Klinik für Gefäß-, Endovascular- und Thoraxchirurgie zusammen. Oberärztin Dr. Annette Häßler und Oberarzt Ralf Remmele sind ebenfalls Wundexperten. Sie sind für die Diagnostik zuständig und klären die Ursache der entstandenen Wunde ab. Die Behandlung der Ursache ist Grundlegend für den Behandlungserfolg. Der Vorschlag für die Wundversorgung erfolgt durch Hildegard Kerler. Der behandelnde Arzt verordnet dann in der Regel die Therapie.
Nicht nur bei OSK-Kollegen ist ihr Rat gefragt. Zweimal in der Woche findet in der Klinik für Gefäßmedizin eine Wundsprechstunde statt, auch für Tumorwunden, dem Spezialgebiet von Hildegard Kerler. "Patienten können mit einer Überweisung ihres Hausarztes zu uns kommen", erklärt sie. Pflegedienste und Hausärzte setzen sich auch mit der Wundexpertin in Verbindung, wenn es um die Versorgung ihrer Patienten geht. "Viele dieser meist älteren Menschen sind nicht in der Lage, ihre chronischen Wunden selbst zu versorgen. Das ist sehr aufwändig und erfordert Fachwissen. Sie benötigen professionelle Unterstützung", beschreibt Hildegard Kerler die Situation der Betroffenen.
"Es geht nicht alleine darum, die chronische Wunde zu versorgen. Der ganze Mensch mit seiner chronischen Wunde muss richtig versorgt sein", fordert die Expertin. Nicht immer gelingt es, chronische Wunden zu heilen. Lebenslange Einschränkungen können die Folge sein. In vielen Fällen kann eine Linderung erzielt werden. Dennoch haben die Patienten oft Schmerzen, Ängste und Sorgen. Manche können ihr Hobby oder gar ihren Beruf nicht mehr ausüben. Finanzielle Engpässe oder der Verlust sozialer Kontakte belasten sie zusätzlich. Das kann einer alleine nicht lösen. Hier ist ein Netzwerk gefragt.
Dazu gehören die Mitarbeiter der OSK, ambulante Pflegedienste, der Hausarzt und natürlich auch die Angehörigen. Permanente Beratung ist erforderlich, entsprechend der aktuellen Diagnostik und dem Verlauf der Wundheilung. Die Patienten müssen auch mit der passenden Wundversorgung und eventuell mit Hilfsmitteln ausgestattet werden. Ganz wichtig ist es, die Patienten zu stärken, sie zu motivieren. Hildegard Kerler fasst alle Ergebnisse in einem Überleitbogen zusammen und steht für Rückfragen und Ratschläge gerne zur Verfügung.
Zurück zu den Bio-Kollegen. Bereits früher, vor allen Dingen in Kriegszeiten, wurden Maden zur Wundheilung eingesetzt. Heute werden sie steril in der Apotheke hergestellt. In der Wunde lösen sie Fibrinbeläge, die das Zellwachstum verhindern und die Wundheilung behindern. "Die Madentherapie setzen wir im Schnitt zwei- bis dreimal im Monat ein. Und das mit großem Erfolg und geringen Kosten", erklärt die Wundexpertin.