Kommunikation im Fokus – der Arbeitstag einer Logopädin

Der Arbeitstag von Evi Hochuli beginnt am frühen Morgen. Sie fährt den Computer hoch, um zu sehen, welche Patienten neu von den Ärzten angemeldet wurden. Gestern Nacht wurde Hartmut Eckert (Name geändert) auf der Stroke Unit aufgenommen. Der 75-Jährige liegt nach einem Schlaganfall im Schlaganfallzentrum im Krankenhaus St. Elisabeth (EK). Er zeigt typische Symptome: eine halbseitige Lähmung der rechten Körper- und Gesichtshälfte sowie der Zungenmuskulatur, zudem leidet er an einer Sprachstörung. Die Logopädin wird ihn als nächstes besuchen.

Sie betritt das Patientenzimmer auf der Stroke Unit, geht an das Bett von Helmut Eckert und begrüßt ihn freundlich. Bereits in diesem Moment sammelt die Therapeutin Informationen über die spontanen Sprachfähigkeiten des Patienten und bekommt einen ersten Eindruck über das Ausmaß der Schädigung. Auch macht sie sich ein Bild von dem Sprachverständnis. "Ebenso wird das Lesen und Schreiben überprüft - sie erkennen einen Logopäden auf Station immer daran, dass er mit Stift und Papier ausgerüstet ist", berichtet Evi Hochuli. Darauf folgt das Überprüfen der Schluckfähigkeit, eine der wichtigsten Aufgaben der Logopädin.

Logopäden entscheiden unter ärztlicher Zustimmung darüber, wie ein Patient ernährt wird. Dazu wurden in der OSK in Kooperation mit der Küchenleitung und der Ernährungsberaterin verschiedene Koststufen definiert. Diese reichen von breiiger Kost bis hin zu normal beschaffener Nahrung. Ist einem Patienten das Schlucken nicht möglich, so wird auch Sondenernährung in Betracht gezogen. Durch diese Maßnahmen soll vermieden werden, dass Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre gelangt und so für den an einer Schluckstörung leidenden Patienten eine lebensbedrohliche Situation entsteht. "Das ist eine große Verantwortung, die wir tragen" stellt die Logopädin fest.

Im Tagesablauf der Logopädin stehen zwischen den Therapieeinheiten verschiedene Teambesprechungen mit der Pflege, den Physio- und Ergotherapeuten sowie den Ärzten an. "Die Zusammenarbeit und der Austausch der verschieden Berufsgruppen ist sehr wichtig und hat einen hohen Stellenwert. Es müssen inhaltliche aber auch organisatorische Fragen geklärt werden". So gibt z.B. die Pflege ein Feedback in Bezug auf die festgelegte Koststufe. Physiotherapeuten unterstützen dabei, den Patienten in eine Position zu bringen, die es erlaubt, ein Sprech-, Sprach- oder Schlucktraining durchzuführen. "Aber eigentlich ist mein Tag nicht planbar. Es kann zu jedem Zeitpunkt sein, dass das Telefon klingelt und ich zu einem Patienten auf die Station gerufen werde", so Evi Hochuli.

Neben der stationären Betreuung von hauptsächlich neurologischen und onkologischen Patienten hat Evi Hochuli auch ambulante Patienten. "Eine Patientin betreue ich schon seit acht Jahren. Daraus hat sich eine vertrauensvolle Beziehung entwickelt". Regelmäßig leitet sie zwei Aphasiegruppen, deren Teilnehmer sich inzwischen gut kennen. Innerhalb der Gruppe ist eine ganz besondere Atmosphäre entstanden. Für die Patienten der Aphasiegruppe steht neben spezifischen Sprachübungen auch der Austausch mit anderen Betroffenen einer Sprachstörung im Vordergrund.

Logopäden sind also für Sprach-, Sprech-, Schluck- und Stimmstörungen zuständig - doch was verbirgt sich genau dahinter? Bei einer Sprachstörung ist der Bereich im Gehirn geschädigt, der für die Planung der Sprache zuständig ist. Patienten haben z. B. Schwierigkeiten, die passenden Worte zu finden. Bei der Sprechstörung ist die Funktion der Muskeln im Gesichts- und Mundbereich eingeschränkt. So kennt der Patient zwar die Worte, kann diese allerdings bedingt durch Lähmungen nicht oder nur eingeschränkt artikulieren. Zeigen sich Probleme beim Schlucken von Nahrung und Flüssigkeit, spricht man von einer Schluckstörung. Ursachen solcher Störungen sind vielschichtig. Oft entstehen sie durch Schädigungen des Gehirns - die Folge von Schlaganfällen, Tumorerkranungen oder entzündlichen Prozessen - aber auch strukturelle Veränderungen im Gesichts-, Mund- und Rachenbereich können auslösend sein. "Stimmstörungen entwickeln sich u.a. durch Fehlbelastungen und einen falschen Gebrauch der Stimme. Dies betrifft häufig Menschen, die viel sprechen müssen", erklärt Evi Hochuli. Als Beispiel nennt sie Lehrer.

Die Arbeit als Logopädin ist sowohl von freudigen aber auch von traurigen Erlebnissen geprägt. "Es gibt viele Patienten, die man nicht vergisst. Die einen, weil sie ein schweres Schicksal getroffen hat, sie gekämpft haben und dann doch verstorben sind. Die anderen, weil sie trotz schlechter Prognose innerhalb von wenigen Tagen große Fortschritte gemacht haben." Evi Hochuli berichtet auch von einem 14-jährigen Patienten mit Hirntumor, den sie in der Kinderklinik logopädisch betreut hat. "Gerade bei schwer betroffenen jungen Patienten berührt mich deren Schicksal auch noch nach 17 Jahren Berufstätigkeit sehr", gesteht Evi Hochuli.