Flüchtlingshilfe aus Wangen

Unerträgliches Leid, Not und Armut. Kälte, Krankheit, Hunger. Dramatische Szenen von der Überquerung des Meeres in Schlepperbooten. Situationen, die sich in Deutschland keiner vorstellen kann. Natascha Köhler hat sich in die Türkei begeben und diese Situationen hautnah erlebt. Doch nicht alles, was sie uns berichtet, ist negativ.

Die Kinderkrankenschwester aus dem Krankenhaus Wangen (OSK) ist für zwei Wochen in die Türkei gereist, um Flüchtlingen medizinische und humanitäre Hilfe zu bieten. Ihr ursprünglicher Plan war es, zwei bekannten deutsch-iranischen Ärzten, Bita und Khalil Kermani, bei der Versorgung von Flüchtlingen auf der griechischen Insel Chios zu unterstützen. Doch nach ihrer Ankunft in der Türkei war dort das Bedürfnis nach Helfern größer, weshalb alle drei in der Türkei ihre Hilfe anboten.

Die drei verschiedenen Camps, welche Natascha Köhler auf ihrer Reise besuchte, lagen alle im Umkreis der Stadt Cesme. In Blickweite die Insel Chios. In Blickweite die Europäische Union und die damit erhoffte Sicherheit. In diesen Camps leben afghanische und syrische Flüchtlinge.

Viele der afghanischen Flüchtlinge haben als Ziel die Überfahrt nach Chios. Sie leben in einer unfertigen Bungalow-Anlage am Stand von Ceseme. Täglich kommen hier mehrere Hundert Flüchtlinge an und fahren ab. Zwischen 300 und 1000 Flüchtlingen können es an einem Tag im Camp sein, die Anzahl wechselt dauernd, sowie die Gesichter. "Ich habe Menschen getroffen, die nur knapp die Überfahrt überlebt haben. Dennoch versuchen sie es immer wieder, denn Umkehren kommt für keinen in Frage", berichtet Natascha Köhler. In diesem Camp war sie im Einsatz, um medizinische Versorgung zu leisten.

In den nächsten zwei Camps, welche Natascha Köhler auf ihrer Reise aufsuchte, lebten syrische Flüchtlinge. Diese haben die Absicht solange in der Türkei zu bleiben, bis in Syrien der Krieg vorbei ist und sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren können. "Hier leben die Flüchtlinge in einer Lagerhalle oder nur in Zelten. Es gibt kein Wasser, keine Sanitäranlagen. Geheizt wird mit kleinen Holzöfen oder gar mit offenem Feuer", beschreibt Natascha Köhler die erbärmlichen Zustände.

Natascha Köhler verteilt hier Medikamente, misst Blutdruck und versorgt Wunden. Sie verteilt Kleidung, Schuhe und Essen. "Die medizinische Versorgung ist wichtig, jedoch ist die Aufmerksamkeit, welche den Flüchtlingen geschenkt wird, noch wichtiger", erklärt Natascha Köhler. Ein paar Minuten, in denen die Flüchtlinge ihre Geschichte erzählen können oder von ihrer Not abgelenkt werden, sind hier von großer Bedeutung. Es gab Tage, da haben die drei Helfer in vier Stunden 200 Menschen versorgt. Pausen gibt es kaum.

Für die Kinder in diesen Camps war der Besuch von Natascha Köhler und den zwei Ärzten besonders aufregend. Sie erinnert sich an eine Geschichte. Ein paar Kindern aus einem Camp, welche unter Halsschmerzen und Husten litten, gab sie kleine orange und rote Halspastillen. "Das hatte sich schnell herumgesprochen und am nächsten Tag hatten alle Kinder plötzlich Halsschmerzen und Husten, um auch ein paar dieser bunten Halspastillen zu bekommen", schmunzelt Natascha Köhler. An diesen Moment erinnert sie sich gerne, weil sie gemerkt hat, mit was für Kleinigkeiten diesen Menschen eine Freude gemacht werden kann. "Ich weiß natürlich, dass ein paar Halsschmerzpastillen nur für eine kurzzeitige Linderung der Beschwerden helfen. Von größerer Bedeutung waren hier die leuchtenden Augen und die Freude der Kinder", berichtet Natascha Köhler.

Was für Natascha Köhler das erstaunlichste war? Die Gastfreundschaft und der respektvolle Umgang mit den Helfern. "Manch ein Flüchtling hätte seine einzige Mahlzeit mit uns geteilt, obwohl er dann selbst nicht mehr genug gehabt hätte", sagt Natascha Köhler. Gastfreundschaft ist für diese Menschen selbstverständlich. Eine Gewohnheit aus einer Kultur und einem Leben ohne Not und Armut. Außerdem betont Natascha Köhler, dass sie sich im Camp rundum die Uhr sicher gefühlt hat. Jeder ging respektvoll miteinander um, sodass sie nie Angst hatte, alleine durch diese Camps oder am Strand entlang zu gehen.

Die Hilfe, welche Natascha Köhler geleistet hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Hilfsorganisationen oder Vereine, wie der von Bita und Khalil Kermani gegründete Avicenna Kultur- und Hilfswerk e.V., gibt es nicht viele. Es sind einzelne Privatpersonen, die sich engagieren, Flüchtlingen direkt vor Ort zu helfen und ihnen ihre Unterstützung in Form von Essen, Kleidung und Medikamenten anbieten. "Ich habe einen Mann getroffen, der seine Studentenbar aufgegeben hat, nun von seinem Ersparten lebt, nur um Flüchtlingshilfe in der Türkei leisten zu können", erzählt Natascha Köhler.

Sie würde jeder Zeit wieder dort hin fahren, wo Flüchtlinge ihre Hilfe brauchen und sie möchte mit ihrer Geschichte darauf aufmerksam machen, was Flüchtlinge auf ihrer Reise ertragen müssen und dass jeder von uns helfen kann.

Spenden für die Organisation an:

Avicenna Kultur- und Hilfswerk e.V.
IBAN: DE 55 3006 0601 0005 0195 00
BIC: DAAEDEDD

Die Spenden werden von Bita und Khalil Kermani direkt verwaltet und für Medikamente, Kleidung und Essen eingesetzt.

Bei Angabe Ihrer Adresse bei der Spende, bekommen Sie eine Spendenbescheinigung zugesendet.