Chefarzt Prof. Dr. Welsch: Therapien können an Covid angepasst werden

Ravensburg – Der zweite Viszeralabend von Prof. Dr. Thilo Welsch, Chefarzt für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am St. Elisabethen-Klinikum in Ravensburg, stand nicht nur medizinisch im Zeichen der Pandemie – er wurde vorausschauend auch digital veranstaltet. „Covid-19 und die Chirurgie“ betitelte der 44-Jährige seinen Vortrag, dem 30 niedergelassenen Ärzte, einige auch aus der Oberschwabenklinik, beiwohnten - aufgrund der Omikron-Variante per Webkonferenz.

 

„Das dominierende Thema der letzten und kommenden Wochen ist für uns Mediziner die Covid-19-Pandemie. Patienten erkranken an SARS-CoV-2, Untersuchungen und Operationen anderer Erkrankungen müssen verschoben werden, Intensivkapazitäten sind knapp und medizinisches Personal fällt in der Omikron-Welle vermehrt aus. Unsere Aufgabe ist es trotzdem, die Patienten möglichst optimal zu beraten und zu behandeln“, sagte Welsch - und dies sei mit vorausschauendem und bewusstem Agieren und Planen auch möglich.

Natürlich habe die hohe Zahl von Corona-Patienten auf Intensiv- und Normalstationen große Auswirkungen auf die elektive, also die planbaren Operationen gehabt, berichtete Welsch und stellte  mehrere Studienergebnisse vor. Während der ersten Pandemiewellen wurden rund 15 Prozent weniger elektive Krebsoperationen durchgeführt. Bei einer gleichzeitigen Ansteckung mit Covid sei die Komplikations- und Sterblichkeitsrate nach Krebsoperationen teils um bis zu 40 Prozent erhöht, erläuterte Welsch - die Delta-Variante betreffend. Ob die Omikron-Variante gleiche Folgen hat, ist noch unklar.
Der Chefarzt sprach sich klar für eine Covid-Impfung respektive die Boosterung vor einer Operation aus, um die Heilungschance nach Krebsoperationen zu verbessern und einer zweiten, noch nicht final erforschten gesundheitlichen Problematik aus dem Weg zu gehen. Nach einer Covid-Infektion und geplanter Krebsoperation solle man im Idealfall erst sieben Wochen nach Symptombeginn operieren, da dann die Covid-bedingte Komplikationsrate nicht mehr erhöht ist, so Welsch. 

Es gebe aber zumindest einen kleinen Spielraum, die gewohnten Behandlungspfade als Reaktion auf das Coronavirus zu verlassen, sagte Welsch. Nach Rücksprache mit Onkologen und Chirurgen sei es zum Beispiel bei einem Rektumkarzinom möglich, die kurative Resektion, also die vollständige operative Entfernung eines metastasenfreien Tumors, auf bis zu drei oder vier Monate nach dem Zeitraum der neoadjuvanten Therapien zu verlegen. Die gehen im Regelfall der Operation voraus - also etwa eine Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie.

Beim Pankreaskarzinom sei etwa auch eine Verlängerung der neodadjuvanten Behandlung möglich. Und um bei einer Hochzeit der Intensivbelegung mit Coronapatienten weitere Intensivaufenthalte zu vermeiden, könne man sich auch verstärkt für mimimal-invasive Eingriffe entscheiden, erklärte der Chefarzt, dem Assistenzarzt Helmuth Linster assistierte - diesmal allerdings in der Webkonferenz.