Positionierung des Stoma
Entscheidend für eine gute Versorgbarkeit des Stomas und somit einer guten Lebensqualität des Stomaträgers ist neben der optimalen chirurgischen Technik die Anlage des Stomas an der richtigen Position in der Bauchdecke. Deshalb wird die Stomatherapeutin am Tag vor der Operation die optimale Ausleitungsstelle für den Darm, an welcher der Patient das Stoma sowohl gut einsehen als auch ohne Probleme selbst versorgen kann, markieren. Diese Markierung geschieht in verschiedenen Körperpositionen, wobei die Sitzposition am Wichtigsten ist. Entscheidend ist, das Stoma nicht in einer Hautfalte oder zu nahe am Beckenkamm oder am Rippenbogen anzulegen. Ebenfalls muss es dem Patient möglich sein, gut mit den Händen an diese Stelle zu kommen, um die Stomapflege selbstständig verrichten zu können.
Stomaarten
Prinzipiell unterscheidet man zwei Arten von Stomata - das Dünndarmstoma (Ileostoma) und das Dickdarmstoma (Colostoma). Weiterhin kann man unterscheiden zwischen vorübergehenden (temporären) und bleibenden (definitiven) Stomaanlagen. Letztlich wird auch unterschieden zwischen doppelläufigen Stomata (doppelläufiges Colostoma, Loop-Ileostoma), welche meist vorünergehend zum Schutz einer Darmnaht angelegt werden, und endständigen Stomata, welche meist als definitive Maßnahmen angelegt werden.
Ileostoma (Dünndarmstoma)
Eine Ileostomaanlage bei Darmkrebspatienten ist in zwei Situationen notwendig:
- Wenn ein Mastdarmtumor schon so weit fortgeschritten ist, dass die Stuhlpassage schon erschwert ist, muss vor der neoadjuvanten Radio-Chemo-Therapieeine Ileostomaanlage erfolgen, um einen Darmverschluss zu verhindern. Diese Stomaanlage geschieht üblicherweise in der minimal-invasiven Schlüssellochtechnik.
- Wenn bei der Operation des Mastdarmkrebses die Darmverbindung direkt am Schließmuskel genäht wird, wird am Ende der Operation zum Schutz der Naht ein Loop-Ileostoma angelegt, welches mehrere Wochen belassen wird.
Bei der Ileostoma-Anlage wird meist im Bereich des rechten Mittelbauches der Dünndarm möglichst nahe am Übergang zum Dickdarm ausgeleitet. Dazu wird dann an der vorher markierten Stelle die Bauchdecke eröffnet und eine Schlinge vor die Bauchdecke gezogen (Loop-Ileostoma) und durch einen Plastikstift (Reiter oder Steg), der unter der Schlinge hindurchgezogen wird, auf der Bauchhaut fixiert. Auf diese Weise ist ein Zurückrutschen in den Bauchraum nicht mehr möglich ist. Anschließend wird die Schlinge mit dem Elektromesser eröffnet und der zuführende Teil ca. 2 cm das Bauchdeckenniveau überragend in die Haut eingenäht. Dieser sogenannte "Nippel" ist notwendig, damit die Basisplatte, an der der Ausstreifbeutel für den Darminhalt befestigt wird, passgerecht um den Darmausgang angebracht werden kann, um so die Berührung der Haut durch den aggressiven Dünndarmstuhl zu verhindern. Dadurch können Hautirritationen vermieden werden.
Kolostoma (Dickdarmstoma)
Ein endständiges Colostoma wird bei Darmkrebspatienten dann angelegt, wenn aus irgend einem Grund der Anschluss des Dickdarmes an den Mastdarm oder denn Schließmuskel nicht möglich oder nicht sinnvoll ist. Ein endständiges Colostoma muss immer angelegt werden, wenn der Schließmuskel bei der Operation mit entfernt werden muss (abdomino-perineale Rektumexstirpation).
Beim Colostoma wird der Dickdarm meist im Bereich des absteigenden Anteils (Colon descendens) endständig im linken Mittelbauch ausgeleitet. Im Gegensatz zum Dünndarmstoma wird das Dickdarmstoma immer plan in die Haut eingenäht, da der Dickdarminhalt die Haut nicht angreift. Der ausgeleitete Dickdarmabschnitt schließt somit direkt mit der Bauchdecke ab.
Stuhlfördermenge
Die Stuhlfördermenge beträgt bei einem Ileostoma ungefähr 1/2 bis 1 Liter pro Tag. Die Konsistenz des Stuhls ist flüssig mit Flocken bis breiig. Eine Sekretion von klarer Flüssigkeit in Verbindung mit Bauchschmerzen und Übelkeit ist stets verdächtig auf eine Darmpassagestörung und muss behandelt werden. Dieses Problem tritt vor allem unmittelbar postoperativ auf. Es wird dann zunächst mit Abführtropfen versucht, die Darmperistaltik anzuregen. Führt diese Maßnahme nicht zum Erfolg wird auf eine Infusionstherapie mit Cholinesterasehemmern (Prostigmin) zurückgegriffen. Zusätzlich kann noch ein weicher Katheter schmerzfrei in das Stoma eingeführt werden, über den ein Einlauf verabreicht wird. Kann auch hiermit keine flockige Konsistenz des Stuhlgangs erzielt werden, wird Kontrastmittel unter Röntgenkontrolle über das Stoma verabreicht, um so eventuelle Hindernisse wie eine Abknickung des Darmes zu beseitigen. Diese Maßnahmen werden auch ergriffen, wenn das Stoma nichts fördert, da auch hier gleichermaßen eine Darmpassagestörung besteht und die Peristaltik (Darmbewegung) angetrieben werden muss.
Da durch die Ausleitung des Dünndarms die eindickende Funktion des Dickdarmes entfällt, kann besonders am Anfang die Ausscheidungsmenge auf 4 - 5 Liter ansteigen. Diesem Problem wird mit geeigneter Nahrung (siehe Ernährung bei Stoma) sowie mit Medikamenten begegnet. An erster Stelle ist hier die Opiumtinktur zu nennen, die sehr fein titriert werden kann und weder süchtig noch müde macht. Des weiteren können Eindickungsmittel wie Flohsamen oder die Darmperistaltik hemmende Präparate eingesetzt werde. Auch lokal wirksame Corticoide (Budesonid), die bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen therapeutisch eingesetzt werden, sollen die Fördermenge herabsetzen.
Außerdem benötigt der Patient für die Zeit der hohen Ausscheidungsmenge Infusionen mit Elektrolytzusätzen, da er die verlorene Menge nicht mit oraler Flüssigkeitszufuhr ersetzen kann, so dass schlussendlich eine Exsikkose (Austrocknung) mit Schlappheit bis zu Kollapszuständen, Übelkeit und eine Elektrolytentgleisung entsteht.
Im Gegensatz zum Dünndarminhalt ist der Dickdarminhalt breiig und es werden am Tag ungefähr 300 ml über ein Colostoma ausgeschieden. Es gibt auch Tage, an denen eine Förderung ganz ausbleibt. Dies ist im Sinne der normalen Stuhlregulation möglich, da auch ohne Stoma nicht zwingend eine tägliche Stuhlentleerung erfolgt. Bei mehrtägigem Ausbleiben einer Stuhlförderung besteht eine Obstipation (Verstopfung), die behandelt werden muss. Luft sollte täglich abgehen. Bei Verhalt von Darmgasen in Zusammenhang mit einem aufgetriebenen Abdomen sowie Schmerzen und Übelkeit muss an einen Darmverschluss gedacht werden.
Irrigation
Bei Patienten mit einem endständigen Colostoma ist frühestens 4 - 6 Wochen nach der Operation (solange dauert es, bis sich die Stuhlkonsistenz stabilisiert hat) die Technik der Irrigation möglich. Hierbei handelt es sich um eine gesteuerte Entleerung des Darmes jeden Tag oder alle zwei Tage mit Hilfe von körperwarmem Wasser, das über ein spezielles System mit einem Konus in das Stoma eingebracht wird. Diese Prozedur nimmt nach einer Übungsphase ungefähr 30 - 60 Minuten in Anspruch und sollte jeweils zur gleichen Tageszeit durchgeführt werden. Mit dieser Entleerungsmethode kann eine Zeit von 24 - 48 Stunden ohne Stuhlentleerung über das Stoma erreicht werden, so dass das Stoma nur mit einer sogenannten Stomakappe, einem Pflaster mit Gasfilter, versorgt werden kann. Diese Technik ist bei Ileostomaträgern aufgrund der ständigen dünnflüssigen Ausscheidung nicht praktikabel.
Postoperativer Verlauf
Unmittelbar postoperativ ist der ausgeleitete Darmabschnitt noch sehr aufgequollen, so dass besonders das Ileostoma, welches nippelförmig eingenäht ist, sehr groß erscheint. In den folgenden Tagen und Wochen geht diese Schwellung jedoch zurück und der Stomadurchmesser verkleinert sich schrittweise bis die Endgröße erreicht ist. Dies ist vor allem bei Ileostomata wichtig, weil die Basisplatte jeweils exakt an den gerade vorhanden Durchmesser angeglichen und entsprechend zugeschnitten werden muss.
Eine Woche nach der Operation werden Reiter und Fäden durch die Stomatherapeutin entfernt. Der Patient wird über die verschiedenen Versorgungssysteme aufgeklärt. Es wird das für ihn am besten geeignete System ausgewählt. Mit der Anleitung zur selbstständigen Handhabung und Pflege des Stomas wird nach Entfernung der Wundfäden und des Reiters begonnen. Der Patient wird erst aus der stationären Behandlung entlassen, wenn er die Stomaversorgung beherrscht.
Stomaversorgung - Stomapflege
Am wichtigsten ist es, sich vor der Stomapflege und dem Basisplattenwechsel, der in 3 bis 4 tägigem Rhythmus erfolgen sollte, jeweils alle Materialien vollständig vorbereitet (z.B. korrekt zugeschnittene Platte) griffbereit zurechtzulegen.
Nach Entfernung der Basisplatte von oben nach unten wird die Haut um das Stoma kreisförmig zum Stoma hin vorzugsweise mit in Wasser und eventuell mit ph-neutraler Seife getränkten Vlieskompressen (Mullkompresen sollten eher nicht verwendet werden, da sie zu hart sind) vorsichtig gereinigt. Benzin, Äther, Pflegeschaum und Desinfektionsmittel sollten vermieden werden, weil hierdurch häufig Hautirritationen, Entzündungen und Austrocknung der Haut entstehen können.
Vlieskompressen sind das beste Pflegeutensil, da sich hier aufgrund des nur einmaligen Gebrauchs nicht wie auf Schwämmen und Waschlappen Pilze bilden können. Bei Verwendung von Toilettenpapier und Zellstoff verbleiben Faserreste auf der Haut, die das Anbringen der neuen Basisplatte behindern können und die parastomale Haut reizen.
Ist eine Rasur nötig, verwendet man am besten Einmalrasierer, wobei das Stoma als Schutz vor Verletzungen mit einer Kompresse abgedeckt werden sollten. Verzichten sollte man wegen der Allergiegefahr auf Enthaarungscreme. Unebenheiten können bei intakter Haut mit Hautschutzpaste (enthält Alkohol) und bei gereizter Haut mit einem Hautschutzring ausgeglichen werden. So erhält man eine ebene Fläche, auf der die Platte besser hält. Salben, Fette und Öle sollten nicht benutzt werden, da nach deren Anwendung die Versorgung nicht mehr haftet und das Risiko einer plötzlichen Ablösung der Basisplatte steigt.
Zur Vorbeugung von Hautirritationen kann die parastomale Haut vor dem Aufbringen der Basisplatte mit Cavilonhautschutzfilm oder Chironcreme, die kein Fett enthält und somit die Haftungsfähigkeit der Platte nicht vermindert, behandelt werden.
Nach der Reinigung wird die neue Versorgung von unten nach oben angelegt. Zwischen Stoma und Versorgung sollte keine ungeschützte Haut liegen.
Allgemeines
Duschen und Baden ist auch mit Beutel möglich. Bei Beuteln mit Filter, durch die die Darmgase abgehen, sollten Sie allerdings den Filter mit Abdeckplättchen abkleben, da dieser sonst durch die Nässe funktionsuntüchtig wird.
Das Heben von schweren Lasten über 10 Kilogramm sollte möglichst vermieden werden, da sonst das Risiko einer Bruchbildung im Stomabereich besteht.
Ernährung
Grundsätzlich gilt, dass Sie mit einem Stoma auf keinerlei Lebensmittel, die Sie vor der Operation zu sich genommen haben, verzichten müssen. Sie können also alles essen, was Sie wollen. Dass bestimmte Diäten, die wegen anderer Erkrankungen bereits vor der Stomaanlage eingehalten wurden, z.B. Diabetesdiät, weitergeführt werden müssen, versteht sich von selbst.
Eindickende Kost bei Stomafördermengen über 1 Liter
Allerdings ist es bei einer Stomafördermenge von über einem Liter pro Tag empfehlenswert, Nahrungsmittel mit eindickender Wirkung zu sich zu nehmen. An erster Stelle sind hier pektinhaltige Lebensmittel zu nennen. Pektine sind lösliche Ballaststoffe, die Gele bilden und so Wasser und organische Substanzen wie Gallensäuren binden können, aber nicht wie die unlöslichen Ballaststoffe aufquellen und somit die Darmtätigkeit anregen. Einen hohen Pektingehalt weisen vor allem Heidelbeeren und Preiselbeeren in allen Variationen (Saft, Joghurt, Quark), sowie gekochte Möhren, Bananen, Aprikosen und geriebener (vergrößert die Oberfläche) Apfel (mit Schale jedoch ohne Kerngehäuse, da die faserigen Ballaststoffe wieder die Darmtätigkeit anregen würden) auf.
Gute eindickende Wirkung haben auch Kartoffel-Karottengemüse und Kartoffelbrei sowie Reis. Trockene Produkte wie Salzstangen, Butterkekse, Biskuit, Reiswaffeln und Zwieback binden ebenfalls die Flüssigkeit und haben einen positiven Effekt hinsichtlich der Eindickung.
Eine stopfende Wirkung wird sowohl der bitteren oder dunklen Schokolade als auch gerbenden Stoffen wie sie in Rotwein und Schwarztee (möglichst lange ziehen lassen) enthalten sind, zugeschrieben.
Wichtig ist es auch in Zeiten hoher Stomafördermengen auf eine salz- und kaliumreiche Kost zu achten, um den Elektrolythaushalt in der Balance zu halten. Nicht zu empfehlen sind in dieser Situation kohlensäurehaltige Getränke sowie manche Biersorten (insbesondere Weißbier), ungekochte Milch und in manchen Fällen Kaffee. Rohe Obstsorten wie Kirschen und Pflaumen, die viel Sorbit enthalten, haben ebenfalls eine abführende Wirkung und sollten nur in Maßen konsumiert werden. Dasselbe gilt für rohes Gemüse und Hülsenfrüchte. Nikotin hat ebenfalls eine abführende Wirkung.
Blähungen
Bei Blähungen sollte weitgehend auf kohlensäurehaltige Getränke wie Sekt, Bier und Federweißer verzichtet werden. Auch Kohl, Hülsenfrüchte, Zwiebelgewächse, Schwarzwurzeln, roher Paprika, Pilze, Eier sowie rohe Birnen und Rhabarber wirken blähungsfördernd. Dagegen sind Kümmel, Anis und Fenchel - vorzugsweise in Teeform - sowie Joghurt, Preisel- und Heidelbeeren blähungshemmend.
Verstärkte Geruchsbildung
Bei verstärkter Geruchsbildung sollten Sie möglichst den Genuss von Kohl, Zwiebeln, Eiern Fisch, Fleisch, vollreifem Käse und Spargel vermeiden. Abhilfe können chlorophyllhaltige Nahrungsmittel wie Petersilie, Spinat und grüne Salate schaffen. Auch Preiselbeeren sowie Quark und Joghurt können einer verstärkten Geruchsbildung entgegen wirken.
Hautreizungen um das Stoma
Reizungen der Haut rund um das Stoma können durch Verzicht auf Zitrusfrüchte, Rhabarber, Himbeeren, Tomaten, Essiggemüse und scharfe Gewürze gebessert werden.
Last but not least - die Stomarückverlagerung
Das am einfachsten rückzuverlagernde Stoma ist das doppelläufige Ileostoma, weshalb es auch am häufigsten zum Schutz der Darmnaht bei Mastdarmeingriffen angelegt wird.
Bei der Rückverlagerung wird das Stoma umschnitten und aus dem Unterhautfettgewebe sowie der Bauchmuskulatur herauspräpariert. Anschließend wird der "Nippel" entfernt und die Kontinuität mittels einer Darmnaht in Handnaht- oder Klammernahttechnik wiederhergestellt. Nach Reposition des Darmes in den Bauchraum wird die Bauchwand vernäht und die Haut adaptierend verschlossen.
In seltenen Fällen, wenn starke Verwachsungen zwischen den Darmschlingen bestehen, ist die Rückverlagerung des Stomas durch solch einen kleinen Eingriff nicht möglich. Es muss wieder ein Längsschnitt am Bauch zur Lösung der Verwachsungen und anschließenden Wiederherstellung der Stuhlpassage erfolgen.