Zukunftsprogramm Gesundheitsregion Oberschwaben

Fokusgruppen: An Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum darf es nicht fehlen

 

Das Beratungsteam des BAB-Instituts hat damit begonnen, die Szenarien für die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Oberschwaben zu entwickeln. Vorausgegangen war eine mehrwöchige Bestandsaufnahme, in die auch die Ergebnisse aus zehn „Fokusgruppen“ eingeflossen sind. Eine zentrale Forderung sei gewesen, dass es an einer gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum nicht fehlen darf, berichtet BAB. Bevor es zu Verlagerungen kommt, sollten neue Angebote geschaffen werden.

 

Dialog

Die „Fokusgruppen“ mit Beschäftigten aus allen Standorten der Oberschwabenklinik, mit Bürgerinnen und Bürgern aus allen Teilen des Landkreises Ravensburg, mit Vertretern der Ärzteschaft sowie der Pflegedienste und –einrichtungen waren Teil der Vorarbeiten zu dem vom Kreistag beauftragten „Zukunftsprogramm Gesundheitsregion Oberschwaben“. Das Meinungsbild sei über die Gruppen hinweg relativ einheitlich gewesen, berichtet Achim Momm vom Hamburger BAB-Institut. Das große Thema seien Befürchtungen vor einem Verlust einer ortsnahen Grund- und Notfallversorgung gewesen.

Unter einer medizinischen Grundversorgung seien eine Notfallversorgung rund um die Uhr, Allgemeinchirurgie, Innere Medizin und Geburtshilfe verstanden worden. Dabei sei den Teilnehmern der Gruppen klar gewesen, dass sie für komplexere Behandlungen in ein größeres Krankenhaus wie zum Beispiel das EK in Ravensburg gehen müssen. Die Sorge um eine ortsnahe Grundversorgung sei mit langen Wegen in einem ländlich geprägten Raum begründet worden.

BAB hat in den Fokusgruppen Informationsdefizite in der Bevölkerung festgestellt. Menschen, die nicht medizinisch oder pflegerisch vom Fach sind, hätten zum Beispiel oft nicht gewusst, wie das Rettungswesen funktioniert und wer in dem System welche Zuständigkeiten besitzt. Entsprechend schwer hätten sich die Leute auch getan, bei aller Kritik Alternativen zum bestehenden Gesundheitssystem zu benennen.

Kritisiert worden sei, dass das ambulante Notfallsystem im Landkreis nicht ausreicht, da es nicht rund um die Uhr geöffnet ist. Das EK Ravensburg sei überlastet und könne keine zusätzlichen Notfälle mehr aufnehmen. Als mögliche Alternativen hätten die Menschen am häufigsten die Medizinischen Versorgungszentren erwähnt. Daneben seien Einrichtungen ähnlich den Polikliniken in der DDR oder auch Nachbarschaftshilfe und Sozialstationen für Menschen, die Hilfe, aber kein Krankenhaus brauchen, genannt worden. Erwähnt worden sei auch ein von Hebammen geleiteter Kreißsaal.

Seitens der niedergelassenen Ärzte sei berichtet worden, dass es mitunter schwer sei, Patienten am EK Ravensburg stationär unterzubringen, was in Wangen und Bad Waldsee leichter falle. Viele Operationen seien ambulant möglich, aber es gebe dafür kaum Möglichkeiten außerhalb der Krankenhäuser.

Eine Verbesserung der Situation werde von Angeboten erwartet, die zwischen der heutigen stationären und ambulanten Versorgung angesiedelt sind. Einrichtungen seien vorgeschlagen worden, in denen kleinere chirurgische Eingriffe möglich sind oder in denen wohnartnah fachärztliche Sprechstunden abgehalten werden, indem die Krankenhäuser dorthin zum Beispiel Urologen, Kardiologen oder Orthopäden entsenden. Gewünscht worden sei für die Fläche auch eine teilstationäre oder eine tagesklinische Betreuung.

Aus den Pflegediensten und –einrichtungen heraus sei schließlich betont worden, dass ein wachsender Anteil älterer, auch multimorbider oder dementer Menschen in der Bevölkerung einen wachsenden Bedarf ein Leistungen nach sich ziehe. Auch die Pflegedienste halten ein „Mittelding“ zwischen ambulanter und stationärer Versorgung für nötig, zum Beispiel in Form von Primärversorgungszentren, wie sie die Landesregierung vorschlägt. Bevor vorhandene Strukturen abgebaut würden, müssten Alternativen zur Verfügung stehen. Schon heute sei die Situation nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels schwierig. Sie dürfe nicht noch verschärft werden.

Das Gutachten von BAB soll bis Ende April fertiggestellt sein. Ende Mai soll der Kreistag die entsprechenden Schlüsse aus der Expertise ziehen und Beschlüsse für die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Oberschwaben fassen.